Larve der Ameisenwanze, die aussieht wie eine kleine Gartenameise, Mimikry

Dies ist die Geschichte einer kleinen Wanze mit einer sehr interessanten Lebensweise, der Ameisenwanze bzw. Ameisensichelwanze (Himacerus mirmicoides). Sie ist außer im Norden in ganz Europa verbreitet. Ich nenne sie kurz "Mathilda".

Unvollkommene Entwicklung

Aber zunächst einige allgemeine Feststellungen:
Die meisten Wanzen entwickeln sich vom Ei zum erwachsenen Insekt (Imago) über fünf Larvenstadien (L1 bis L5), wobei die Larven (bei Wanzen auch Nymphen genannt) in der Regel von einem Stadium zum nächsten der Imago äußerlich immer ähnlicher werden. Innerhalb dieser, durch Häutungen getrennten Entwicklungsschritte gibt es keine Puppenphase. Dieses Entwicklungsprinzip wird in der Entomologie "unvollkommene Entwicklung" genannt.

Bei der Ameisensichelwanze - "Mathilda" - liegt eine kleine Besonderheit vor. Zwar entwickelt sie sich auch ganz wanzentypisch mittels Häutungen über fünf Larvenstadien zum reifen Tier, jedoch gleicht die Larve in ihrem Aussehen nicht zunehmend dem erwachsenen Insekt. Ihre äußere Erscheinung orientiert sich an anderen, eigenen Zielen.

Die Täuschung, die keinem schadet: Ameisen-Mimikry

Die junge Larve von Mathilda (L1 und L2) ähnelt sehr stark kleinen Ameisen der Gattung Myrmica, wie zum Beispiel der Roten Gartenameise (Myrmica rubra). Ihre Ähnlichkeit mit diesen Ameisen ist so groß, dass sie auch bei genauer Betrachtung aus kurzer Entfernung selbst von geschulten Blicken meist nicht erkannt wird. Deshalb wird das tag- und nachtaktive Tier recht selten entdeckt, obwohl es häufig vorkommt! Auf dem Foto links oben ist die etwa 2,5 mm große L2-Larve von Mathilda auf einer Margeritenblüte (Leucanthemum vulgare) bei der Suche nach Nahrung zu sehen.

Erst wenn die kleine Larve ihren Kopf hebt, ist ein langer Rüssel zu erkennen, der bei der Roten Gartenameise fehlt. Ameisen verfügen anstelle eines Rüssels über starke, beißende Mundwerkzeuge, bei denen vor allem die Mandibeln äußerlich sichtbar sind. Außerdem befinden sich auf Mathildas Rücken, dem sogenannten Thorax, kleine, dornenartige Höcker. Die Ameisen sind an dieser Stelle schmaler und haben keine Höcker.

Die äußere Nachahmung eines anderen Tiers wird in der Biologie als Mimikry bezeichnet. Hierbei ist es das Ziel des Nachahmers, sich eine bestimmte Eigenschaft einer anderen Tierart zu eigen zu machen. Worin die kleine Mathilda mit ihrer Täuschung einen Vorteil sieht, ist nicht sicher geklärt. Schützt sie sich vielleicht mit diesem Trick erfolgreich vor Fressfeinden? Ameisen verfügen schließlich über eine hohe Aggressivität und Kampfkraft. Nur wenige Jäger nutzen die kleinen, jedoch sehr wehrhaften Ameisen als Nahrungsquelle. Somit wird das Anlegen eines "Ameisenmäntelchens" die Überlebenschancen von Mathilda stark erhöhen.

Eine vergleichbare Strategie liegt auch beim Rotrückigen Irrwisch (Alydus calcaratus), einer weiteren Wanzenart, vor. Seine Geschichte finden sie ebenfalls hier im Naturbildarchiv GÜNTER.

Trotz Mimikry ein Feind: die Schmuckgrabwespe Dinetus pictus

Es gibt jedoch einen spezialisierten Feind, der sich durch die perfekte Mimikry nicht täuschen lässt, und den Mathilda sehr fürchten muss. Es ist die Schmuckgrabwespe Dinetus picutus, die ein äußerst spektakuläres Verhalten zeigt. Die faszinierende Geschichte dieses Tiers finden Sie ebenfalls hier im Naturbildarchiv GÜNTER.

Ich verbringe mit Mathilda in ihrem L2-Stadium einige Tage zusammen. In dieser Zeit hält sie sich ausschließlich auf einer einzigen Margerite auf. Wenn sie nicht mit der Nahrungssuche beschäftigt ist, hockt sie gerne geschützt zwischen den länglichen zarten Blütenblättern der Margerite.

Gerne ruht sie an einem Blütenblatt-Ansatz, eine weitere weiße "Blütenfahne" schützend über sich - und für das menschliche Auge kaum sichtbar.

Mathilda unterbricht ihre Ruhepausen drei bis vier Mal pro Stunde durch jeweils etwa siebenminütige Aktivitätsphasen. Sie läuft über die mittleren gelben Röhrenblüten der Margerite und versenkt immer wieder ihren Rüssel zwischen die kleinen Blütchen.
Hierbei ähneln ihre Bewegungen sowie ihre Körperhaltung ebenfalls denjenigen der kleinen Roten Gartenameisen. Mathilda beherrscht also nicht nur die passive Nachahmung (äußere Gestalt), sondern auch die aktive Mimikry (Nachahmung durch Verhalten) - sie verhält sich auch wie eine Ameise!
Zunächst vermute ich, Mathilda würde bei diesem Herumstochern mit ihrem Rüssel Pflanzensäfte oder zwischen den Blüten befindlichen Tau aufnehmen. Dies ist auch öfters bei Ihren "Mimikry-Kollegen", den Ameisen, zu beobachten und durchaus üblich bei anderen räuberisch lebenden Wanzenarten. Doch dann ...




Ausblick auf einige weitere Inhalte dieser Bildreportage:
- Jagd der jungen Wanzen-Larve (L2)
- Mathildas Entwicklung während des Sommers bis zum Herbst 
- Jagdstrategie der mittelalten Wanzenlarve (L3) auf Blattläuse
- Mathilda als ausgewachsene L5-Larve - Jagd
- Puppenhülle
- voll entwickelte Ameisen-Wanze bei der Jagd
- Mathildas spezialisierter Hauptfeind

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